Diesen Monat bekommt ein Buch den Kinder- und Jugendbuchpreis Luchs, das sich vor allem an Jungen richtet. Es ist ein abenteuerliches Buch, ein richtiger Jugendroman über zwei Freunde, die sich in einem Boot auf die Reise zur Vogelinsel machen. Esther Willbrandt hat den Roman gelesen:
Werker Heickmann: Die Vogelinsel, Bloomsbury, 12,99 Euro
Die Vogelinsel liegt ein paar Kilometer flussabwärts von dem Ort, wo Hinnerk und sein Freund Paul leben. Beide Jungen wohnen bei ihren Müttern, weil die Väter weggegangen sind. Pauls Vater hat eine neue Frau, und Hinnerks Vater hat sich abgesetzt, ohne dem Sohn zu sagen, wo er hingeht. Beide Jungs leiden darunter, mal sind sie wütend auf ihre Väter, mal auf die Mütter, aber meistens sind sie einfach nur traurig.
Und da kommt die Vogelinsel ins Spiel: Hinnerk bekommt nämlich eine Karte von seinem Vater, ohne Adresse, nur mit einem weißen Haus drauf, und Hinnerk erinnert sich, dass sein Vater mal von der Vogelinsel erzählt hat. Also brechen die beiden Jungen mit einem Kanu auf, um den Vater auf der Insel zu suchen.
Werner Heickmann arbeitet viel mit poetischen Bildern. Ich finde, das ist eine gute Idee, um die Gefühle der beiden Jungen überhaupt darstellen zu können. Dieses Gefühl, dass der Vater weg ist – und zwar nicht gestorben, sondern aus freiem Willen weggegangen, und der Sohn bleibt zurück und versteht die Welt nicht mehr – das ist sehr abstrakt und schwierig in Worte zu fassen. Und Heickmann greift da auf dieses Mittel zurück. Und es ist eine Geschichte über das Erwachsenwerden, das ist ja auch ein echtes Abenteuer.
Für sein erstes Buch hat er sich gleich sehr viel vorgenommen: Ein schwieriges Thema, und das auch noch für junge Leser aufzubereiten, ohne moralisch zu werden, ohne dem Vater oder der Mutter oder sonst wem die Schuld zuzuweisen – das ist nicht leicht und das hat er gut gelöst. Ganz prägnant ist dabei die Vogelmetapher, die für die Freiheit steht, für die Sehnsucht, aufzubrechen und sein altes Leben hinter sich zu lassen. Und jemandem, der diese Sehnsucht in sich hat und ihr folgen muss, dem kann man eigentlich auch keinen Vorwurf machen. Das lernen Hinnerk und Paul in der Geschichte, und das tut weh, daran müssen sie sich erstmal abarbeiten.
Ganz ehrlich: Als ich die ersten Seiten gelesen habe, habe ich mich ein bisschen an der Sprache gestört. Es sind ganz kurze, einfache Sätze, mit vielen Wiederholungen, so als ob man einem kleinen Kind etwas möglichst einfach erklären will. Das hatte für mich erstmal so was Betuliches, Altmodisches.
Aber wenn man sich einmal daran gewöhnt hat und sich auf die Geschichte einlässt – dann wird es interessant. Denn gerade durch die Sprache liest sich das Buch ganz ruhig und langsam, wie ein breiter Fluss im Sommer. Und das passt einfach, weil der Fluss eben auch eine zentrale Rolle spielt für die Geschichte, einmal wörtlich, aber dann auch sinnbildlich. Denn die beiden Jungs müssen lernen, mit ihrem Kanu auf diesem Fluss klarzukommen, der schön ist und romantisch, aber manchmal auch unberechenbar und anstrengend. So wie das Leben.
Werner Heickmann wurde in Lingen im Emsland geboren. Er arbeitete als Lehrer und lebt in Ritterhude in der Nähe von Bremen. "Die Vogelinsel" ist sein Debütroman.
Info: Kinder- und Jugendbuchpreis Luchs
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