Mathijs Deen ist Journalist und Schriftsteller. Sein Roman "Unter den Menschen" ist schon 1996 in den Niederlanden erschienen, wurde aber gerade nochmal neu aufgelegt. Die Resonanz war groß und die Geschichte wird nun sogar verfilmt. Katrin Krämer hat das Buch gelesen und den Autor getroffen. Zwar draußen im Freien, wenn auch leider nicht am Meer. Aber hier spielt die Geschichte von Matthjis Deen.
Audio: Mathijs Deen: Unter den Menschen
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Irgendwo weit im Norden steht am Seedeich ein Bauernhof, der wie ein wartendes Arbeitspferd sein Hinterteil dem Meer zuwendet. Es ist ein ausladendes braunes Hinterteil aus Reet, ohne Tür und Fenster. Das nächste Haus steht fünf Kilometer landeinwärts, und jenseits des Deichs wohnen in einer verschlickten Gezeitenrinne nur Krabben und Plattfische. Es ist Winter und kalt.
Dieser einsam gelegene Bauernhof wird nur noch von Jan bewohnt, denn seine Eltern sind tödlich verunglückt. Gerade hatten sie den Hof an den Sohn übergeben und dann passierte dieser tragische Autounfall. Jan erträgt die Einsamkeit nicht lange und gibt eine Kontaktanzeige auf. Vier Antwortbriefe bekommt er. Und eine der Absenderinnen steht dann vor der Tür: Wil. Die Vorstellungen von einer gemeinsamen Zukunft sind aber sehr unterschiedlich. So, wie Jan und Wil. Sie sind – sagt Mathjis Deen – wie das Meer und das Land, dazwischen der trennende Deich.
Das sind doch sehr unterschiedliche Landschaften. Die Frau, die in den Norden kommt, die wünscht sich eigentlich ein Haus am Meer. Ein Haus und ein Blick auf’s Meer. Und dass da auch ein Bauernsohn lebt – okay. Das muss man probieren. Und der Bauernsohn, der kommt aus einer Familie, wo immer, Generation für Generation, die Frauen von außen gekommen sind.
Matthjis Deen
Wenn man die Sache sehr nüchtern betrachtet – und das tun Jan und Will – dann sind die Startbedingungen für diese seltsame Beziehungsgeschichte eigentlich nicht schlecht: Beide erwarten nämlich nicht viel voneinander. Sie idealisieren nichts. Der Sex funktioniert ganz okay. Niemand hat hier die Absicht, zu zweit in den Sonnenuntergang zu reiten. Romantische Liebe sieht anders aus.
Es ist wie eine umgekehrte Liebesgeschichte. Wie eine arrangierte Ehe, aber sie haben sie selbst arrangiert. Es ist eine Entscheidung: Wir versuchen das, und vielleicht klappt es.
Matthjis Deen
Jan ist wortkarg und der Verlust der Mutter hat ihn schwer getroffen. Wil war lange depressiv, schleppt eine unausgesprochene Vergangenheit mit sich herum. Sich zusammen ein Leben einzurichten, das ist eigentlich kaum vorstellbar.
"Unter den Menschen" erzählt von zwei einsamen, verlorenen Seelen, die nicht zueinander kommen können, die aber trotzdem nicht aufgeben. Sie suchen den Schlüssel für eine pragmatische Zweisamkeit, auch in der Kommunikation. "Vielleicht ist es am besten, wenn wir einfach nicht zu viel miteinander reden, denn bis jetzt hat es dann immer nur Ärger gegeben", sagt Wil einmal zu Jan. Stattdessen stellt Wil ein paar Regeln auf, um den Umgang wenigstens formal in den Griff zu kriegen.
Sie versucht, die Beziehung zu kontrollieren. Und Jan, der Bauernsohn, der sieht das wie eine Naturgewalt. Die Stürme, die kommen und die Stürme, die gehen…
Matthjis Deen
Nach und nach erfährt Jan, wer Wil wirklich ist. Und dann haben beide plötzlich noch eine große gemeinsame Aufgabe zu bewältigen.
Mathijs Deen hat eine Geschichte geschrieben, die fast weh tut beim Lesen, weil die Leere der nordholländischen Provinz ebenso schwer auszuhalten ist wie die Einsamkeit von Jan und Wil. Fast tröstlich, dass dieser Roman nach Meer riecht und, auf seine eigene, verstörende Weise, dann irgendwie doch noch vom Ankommen erzählt.
Buchinfos:
Mathijs Deens: "Unter den Menschen", aus dem Niederländischen übersetzt von Andreas Ecke, Mare Verlag, 192 Seiten, 20 Euro
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 3. April 2019, 13:10 Uhr
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