Der preisgekrönte Schriftsteller Feridun Zaimoglu ist ein sehr produktiver Autor. Seit er 1995 sein erstes Buch veröffentlichte, bringt er fast jedes Jahr ein neues Werk heraus. Der Sohn türkischer Gastarbeiter hat schon immer Ausgegrenzten eine Stimme verliehen. Für sein aktuelles Buch ist er für den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik nominiert. "Die Geschichte der Frau" heißt das Buch und Ziphora Robina hat es bereits gelesen.
Audio: Feridun Zaimoglu: Die Geschichte der Frau
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Eigentlich sind es zehn Erzählungen in einem Buch, denn Zaimoglu erzählt die Geschichte von zehn sehr unterschiedlichen Frauen. Die Geschichten werden aus der Ich-Perspektive erzählt, sodass man einen tiefen Einblick in das Innenleben der Frauen erhält.
Es sind Frauen, die eher eine Nebenrolle zugedacht bekommen haben und neben den anderen Figuren nicht so in Erscheinung treten. Diesen Frauen gibt Zaimoglu eine Stimme, und noch wichtiger, eine eigene Geschichte. Die Frauen sind Mütter und Ehefrauen, Schwester oder Tochter. Aber sie sind eben auch streitbare, kämpferische, starke Frauen: von der Seherin Antigone aus den griechischen Sagen bis zur biblischen Zippora, der Frau von Moses. Und mit dieser Geschichte verbindet mich persönlich sehr viel, denn nach dieser Zippora wurde ich benannt.
Sie war auf jeden Fall sehr spannend zu lesen. Zippora taucht im Alten Testament der Bibel kurz auf. Zaimoglu hat aus dieser kurzen Erwähnung eine Geschichte gestrickt, sie spielt im Jahr 1450 vor Christus. Zippora war Tochter eines Priesters des alten Glaubens, sie hat alles hinter sich gelassen, um Moses zu folgen. Wie erging es der dunkelhäutigen Frau im Lager der Israeliten? Sie wird angefeindet, misstrauisch beäugt, sie sorgt sich um ihre Söhne, die zu Kriegern heranwachsen, um ihren Mann, den "Mann meiner Liebe", so nennt sie Moses. Das wird sehr biblisch archaisch erzählt. Überhaupt hat Zaimoglu für jede Frau eine eigene Sprache gefunden, die Trümmerfrau beschreibt die Welt anders als die Gastarbeiterin, die Adlige Brunhilde anders als die heilkundige Prista Frühbottin. Durch die inneren Monologe wird das Leben der Frauen so detailliert beschrieben, sie werden richtig lebendig. Ich konnte nicht anders, ich fühlte mich in die Zeit versetzt, in die Frau versetzt, die in der jeweiligen Geschichte die Hauptrolle einnimmt. Ich habe aber auch das Buch nach jedem Kapitel zur Seite gelegt, weil die Geschichten noch lange nachhallen. Feridun Zaimoglu erzählt die Geschichten mit einem offenen Ende und das regt an, weiter über diese Frauen nachzudenken.
In der Begründung heißt es: "Feridun Zaimoglu gräbt sich mit berserkergleicher Kraft in die Weltgeschichte hinein und findet diejenigen, die bislang hinter den Stimmen ihrer Männer verborgen blieben: die Frauen. Ein Roman, sprach- und bildmächtig und zugleich voll zarter Empathie für jene, die er zu Gehör bringt."
Dieses Graben, sich in eine Geschichte vertiefen, das hat Feridun Zaimoglu erwähnt. Er nutzt ungern die Möglichkeiten der elektronischen Recherche, heutzutage findet man viele Informationen im Internet, er versucht, das nicht zu machen. Er reist an die Orte, er taucht in Archive, er liest und leidet, bis er seine Geschichte aufs Papier gebracht hat. Es ist ja auch nicht die erste Nominierung für den Leipziger Buchpreis, 2008 wurde er mit seinem Roman "Liebesbrand" nominiert. Die Preisverleihung ist am 31. März 2019.
Buch-Infos:
Feridun Zaimoglu: "Die Geschichte der Frau", Verlag Kiepenheuer und Witsch, 400 Seiten, 24 Euro.
Gespräch mit Feridun Zaimoglu, [10:40]
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 20. Februar 2018, 9:38 Uhr
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