Island: nicht nur Geysire, Trolle und Elfen. Sondern bald auch ein Mega-Containerhafen und ein eisfreier Weg für Frachtschiffe durch die Arktis. Projektiert werden soll er vom Bremer Hafenentwickler Bremenports. Die Planung ist weit vorangeschritten. Grund genug für Reporter Christian Schwalb, nach Island zu reisen, genau dorthin, wo der Hafen entstehen soll.
Ein Hafen für die Arktis: Bremens Islandkooperation, [2:46]
Tagesthemen-Film: Island will von Eisschmelze profitieren
Das Ziel der Reise: Der Finnafjord im Nordosten. Dort soll der neue Hafen entstehen. Die Voraussetzungen sind gut, sagt Siggeir Stefansson, Mitglied des zuständigen Gemeinderates. Der Fjord ist tief, die Küste sehr lang, das Hinterland ein ebenes Plateau. Viel Platz für Industrieansiedlung und Containerflächen.
Audio: Hafenprojekt auf Island: Interview mit Projektentwickler Haffstein Helgason
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Was erhofft sich Island von dem geplanten Mega-Hafen Finnaford? Warum hat man ausgerechnet das Hafenlogistik-Unternehmen Bremenports als Partner gewählt? Und wie will man dafür sorgen, dass der Hafen und die angesiedelte Industrie nicht zum Einfallstor für Schadstoffe in einem der letzten intakten Ökosysteme der Erde werden? Bremen Zwei-Reporter Christian Schwalb hat auf seiner Reise mit Haffstein Helgason von der isländischen Ingenieurgesellschaft EFLA gesprochen – der vielleicht wichtigsten Person in der Projektentwicklung.
Bremenports ist ein wichtiger Projektpartner für die Gemeinden am Fjord und die EFLA. Die deutschen Hafenplaner engagieren sich seit sechs Jahren am Polarkreis. Es gibt gute Kontakte nach Island, und es gibt gute Gründe für das Projekt, erklärt Geschäftsführer Robert Howe: Die strategische Lage des Hafens an einer wichtigen Frachtroute, die sich durch das immer öfter eisfreie Polarmeer öffnet. Außerdem wollen die Isländer hier Bodenschätze aus der Arktis umschlagen – ein wachsendes Geschäft.
Es war zu Anfang belächelt worden. Warum engagiert sich Bremenports auf Island? Aber die Zeit ist lange vorbei! Wir werden in diesem Jahr den Gesellschaftsvertrag unterschreiben. Der Klimawandel wird für Schifffahrt sorgen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Aber darüber hinaus sind wir in einer 'Leaderposition': Die Entwicklung der Schifffahrtsroute in die arktische Welt, alles das geben wir an die Hafenwirtschaft in Bremen weiter.
Robert Howe, Geschäftsführer Bremenports
Als eine Riesenchance für Island, so sieht die Regierung das Projekt Finnafjord. Die beteiligten Gemeinden im strukturschwachen Nordosten hoffen auf Investitionen aus dem Ausland. Siggeir Stefansson denkt an neue Arbeitsplätze für seine Landsleute.
Audio: Bremenports plant Mega-Hafen in Island
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Kritiker sorgen sich um die Umwelt in der Polar-Region, denn mit den Schiffen wächst auch die Belastung in diesem sensiblen Ökosystem. Sie befürchten die Belastung mit Schadstoffen und mögliche Havarien. Stefansson nimmt die Bedenken der Naturschützer ernst. Ihn beschäftigt aber eine andere Frage – schon seit Jahren:
Können wir es uns leisten 'Nein' zu sagen zu diesem Projekt? Wäre das die richtige Entscheidung im Sinne unserer Kinder? Natürlich werden wir hier der Ansiedlung von Industrie-Dreckschleudern niemals zustimmen. Aber der Klimawandel ist da. Es kommen mehr Schiffe in die Arktis, da braucht man Häfen. Uns öffnet der Klimawandel vielleicht eine Tür ... aber wir müssen da sehr, sehr vorsichtig sein.
Siggeir Stefansson, Gemeinderat im Nordosten Islands
Den Klimawandel sehen viele als Bedrohung – andere als Chance: Wenn die Arktis immer häufiger eisfrei ist, öffnet sich ein Seeweg, zum Beispiel nach China oder Japan. Bremen hat das erkannt und plant auf Island den Bau eines gigantischen Güterhafens – als Zwischenstation auf dem, was manche die "arktische Seidenstraße" nennen. Was sagen die Menschen vor Ort?
Bis zu 150 Menschen arbeiten in der Fischfabrik in Thorshöfn.
Bisher ist die Fischindustrie ein Hauptwirtschaftszweig im Nordosten Islands. Nahe des Finnafjords liegt Thorshöfn. Die Fischfabrik dominiert den 400-Einwohner-Ort. Bis zu 22.000 Tonnen Fisch sind es im Jahr, die direkt vom Schiff in die Fabrik in das weitverzweigte Netz von Fließbändern eingespeist werden. Gerade ist Makrelensaison – Großkampfzeit für Siggeir Stefansson, den Produktionsleiter. Seit Jahrhunderten lebt die Region fast ausschließlich vom Fisch, erzählt er. In der Spitze beschäftigt die Fabrik bis zu 150 Menschen, dazu kommen Saisonkräfte.
Der Klimawandel ändert auch auf Island vieles: Immer mehr Frachtschiffe kommen, und auch die Fische reagieren auf die steigenden Wassertemperaturen.
Dass da schon viel in Bewegung geraten ist, das sehen wir an der Makrele: Die gab es vor zehn Jahren kaum an Islands Küsten. Heute ist sie eine wichtige Einnahmequelle – und auch hier aus unserer Produktion nicht mehr wegzudenken.
Siggeir Stefansson
Audio: Der Klimawandel, der Fisch und der Hafen
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Der Klimawandel ist Fluch und Segen gleichermaßen für Thorshöfn. Denn auch die Idee, hier, mitten in dieser strukturschwachen Region, einen Hafen für die Arktis zu bauen, gäbe es nicht ohne das schmelzende Eis. Die Region um Thorshöfn fühlt sich bislang von der Entwicklung abgehängt – da wird der Hafen am Finnafjord zu einem "Hafen der Hoffnung".
Idylle im Nordosten Islands. Aber die Jungen zieht es in die Städte.
Treffen mit Elias Petursson, Bürgermeister der Gemeinde, in Reykjavik. Auf Island liegt die Planungshoheit für Infrastrukturprojekte auf lokaler Ebene. Zu Peturssons Aufgaben gehört es, der Regierung über den Stand des Projekts zu berichten. "Die Regierung wird sich am zukünftigen Entwicklungsprozess beteiligen, sie unterstützt das Projekt," sagt er.
Die neue isländische Regierung steht hinter diesem ehrgeizigen Projekt. Sobald die Verträge für die Entwicklungsgesellschaft unterzeichnet sind, werden wir uns um den Ausbau von Straßen kümmern, und um Stromnetze.
Sigurbergur Björnsson, Leiter der Abteilung "Verkehr und Infrastruktur" im Verkehrsministerium
Weniger die Vermarktung als vielmehr die Umwelt hat INCA (Iceland Nature Conservation Association) im Blick, eine isländische Naturschutz-Organisation.
Ich kann gut verstehen, dass die Gemeinden im Norden große Hoffnungen in das Projekt setzen. Eines ist aber sehr klar: Die Schiffe werden zu einem Problem für die ganze Arktis! Die verbrennen Schweröl, und der Russ legt sich dann wie ein Schleier auf das Eis. Das beschleunigt die Erwärmung der Arktis zusätzlich... es betrifft also lange nicht nur diese kleinen Gemeinden.
Arni Finnsson (INCA)
Audio: Megahafen auf Island: Was sagen Regierung und Umweltschützer?
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Ähnlich wie INCA sehen auch die Meeresforscher vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven die Entwicklungen am Polarkreis mit grosser Skepsis. Vor allem die Ausbeutung der arktischen Bodenschätze, darunter Öl und Gas, ruft AWI-Leiterin Antje Boetius auf den Plan. Sie ist aber nicht grundsätzlich gegen das Hafenprojekt.
Grundsätzlich brauchen wir in der arktischen Region Häfen! Denn es geht darum, beim Vordringen des Menschen – der ja ohnehin mit dem Klimawandel kommt –Sicherheit zu geben. Dort oben gibt es keine Infrastruktur, keine Ölbekämpfungsschiffe, keine Küstenwache und wir haben jetzt zwei bis drei Jahrzehnte Zeit, um das gut zu organisieren.
Antje Boetius, Alfred Wegener Institut Bremerhaven
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 27. September 2018, 6:35, 7:35,12:35;17:35 Uhr.
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